Studium U-18: Minderjährig an die Uni

Nicht alle Uni-Frühstarter sind zwangsläufig Überflieger | Foto: Kristina Jovanovic
Die Zahl der Jung-Studenten steigt
Pius ist einer von nur wenigen minderjährigen Studenten in Deutschland. Ihre Zahl aber steigt rasant, allein im letzten Jahr um über 20 Prozent. Im Wintersemester 2014/15 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts schon 3.485 Unter-18-Jährige an Deutschlands Hochschulen eingeschrieben, ein Jahr zuvor waren es erst 2.884.
261 von ihnen sind sogar erst 16, so wie Pius. Oder gar noch jünger, so wie sein Kommilitone Conrad, der mit 14 am HPI anfing und postwendend zu Deutschlands jüngstem Studenten auserkoren wurde. Gründe für die Zunahme der Blutjungstudenten sind das vielerorts verkürzte Abitur, die abgeschaffte Wehrpflicht, formelle Erleichterungen durch die Bundesländer – und in manchen Fällen auch die Hochbegabung.
Hochbegabt an der Uni
So wie bei Pius, den der Lehrplan nicht begeistern konnte: "Ich hatte das Gefühl, dass mir das alles zu langsam geht und dass ich mich in der Schule langweile. Und dann haben wir uns dazu entschieden, auch noch die 10. Klasse zu überspringen." Zuvor hatte er schon die sechste Klasse ausgelassen. Laut IQ-Test ist Pius offiziell hochbegabt, auch wenn er den exakten IQ-Score lieber für sich behalten will.
Auf sein Abi-Zeugnis zauberte er einen 1,1er-Schnitt, danach ging es ohne Umwege aufs HPI, ein sogenanntes An-Institut der Uni Potsdam. Quer durchs Land ist das Bewerbungsprozedere an den Hochschulen für Minderjährige stark vereinfacht worden. Angst vor dem Bürokratie-Kollaps muss niemand haben. Die Eltern müssen in der Regel lediglich eine Vollmacht unterschreiben, damit der Sohn oder die Tochter alle Angebote der Uni-Bibliothek in Anspruch nehmen, Prüfungen eigenständig ablegen und an Exkursionen teilnehmen kann.
Ein paar Hindernisse gibt es im Studenten-Alltag aber schon: Als Minderjähriger darf man keinen Mietvertrag unterschreiben, nicht alleine mit dem Auto zur Uni fahren und im Prinzip auch nicht am Wodka auf der Ersti-Party nippen.
Viele Frühchen in Physik, Mathematik und Medizin
"Ohne die Hilfe meiner Eltern wäre ich aufgeschmissen. Ich hab allein schon Probleme mit Kontoauszügen", sagt Anna und lacht. "Ich bin ein sehr schlecht organisierter Mensch." Anna studiert an der Uni Göttingen Soziologie und Geschlechterforschung, ist mit 17 ins erste Semester gestartet. In Göttingen sind momentan nach Angaben der Georg-August-Universität 62 Studenten unter 18 eingeschrieben, die meisten in Physik, Mathematik, Agrar-, Rechtswissenschaften und Medizin.
Aber: Nicht alle Uni-Frühstarter waren schon in der Schule Überflieger. Anna ist der lebende Beweis. Zwar wurde sie schon mit fünf Jahren eingeschult. Bis zur 10. Klasse waren ihre Leistungen aber eher mau, erzählt sie, fast hätte sie noch eine Ehrenrunde drehen müssen. Am Ende stand eine 2,8 auf ihrem Abi- Zeugnis – ganz ordentlich, aber auch kein Ruhmesblatt. Danach hat sie sich weniger aus übergroßem Lerneifer, sondern eher mangels Alternativen direkt für die Uni beworben.
Pius dagegen fährt konstant auf der linken Spur. Nach der Uni würde er am liebsten ein Start-up gründen. In Wahrheit arbeitet er sogar schon daran. Mit einigen Mitstudenten hat er die Webseite "Get Started in Germany" ins Leben gerufen, will Flüchtlinge mit Unternehmen vernetzen.
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