Trash-Filme: Wer guckt den Schrott?
Keyvan Sarkhosh und der "Sharktopus" | Fotos: © Tiberius Film/Dorothee Rietz, Münster
"Billig" vor allem ein ästhetisches Kriterium
UNICUM: Herr Sarkhosh, definieren Sie doch bitte mal den Begriff Trash-Film für mich.
Keyvan Sarkhosh: Trash-Filme sind Filme, die auf allen Ebenen billig wirken. Billig, das war auch der Begriff, der bei unserer Umfrage durch die Decke ging und alle anderen in den Schatten gestellt hat. Einerseits ist das Budget von Trash-Filmen sehr klein, sie sind also tatsächlich billig. Zum Anderen wirken diese Filme aber auch billig. Es ist also vor allem ein ästhetisches Kriterium. Die Kulisse schreit nach Pappmaché, die Dialoge sind schlecht geschrieben, die Schauspieler können nicht schauspielern. Gleichzeitig werden Trash-Filme aber als amüsant, unterhaltsam und erfrischend anders bewertet. Und sie gehen häufig in die Richtung Horror, Gewalt, Splatter, zum Teil auch Sex. Ein handwerklich schlecht gemachter Low-Budget-Horrorfilm, das wäre also der typische Trash-Film.
Und wer guckt so etwas?
Überwiegend Männer. Fast 90 Prozent unserer Umfrageteilnehmer waren Männer. Das ist insofern auch bezeichnend, als es normalerweise eher Frauen sind, die an solchen Umfragen teilnehmen. Und es sind sehr gebildete Zuschauer, eben nicht die unterdurchschnittlich Gebildeten. Drei Viertel der Befragten haben angegeben, dass sie Abitur haben, teilweise sogar Hochschulabschluss bis hin zur Promotion. Viele von denen sind kulturelle Allesfresser. Die interessieren sich fürs Kunst- und Mainstream-Kino, für die Museumsausstellung bis hin zu Pop- und Rockmusik. Und was wir auch herausgefunden haben: Wer Trash-Filme schaut, guckt eher Arte und 3Sat als RTL2 und Pro7. Zusammenfassend kann man sagen, dass Trash-Filme ein Publikum ansprechen, das eben nicht auf den Kopf gefallen ist, sondern Geschmack hat, das avantgardistisch ist und in gewisser Weise auch Grenzen überschreitet.
Trash-Filme vs. Hollywood-Einerlei
Nun scheint das Interesse an Trash-Filmen ja zu wachsen. Tele5 zeigt regelmäßig die "schlechtesten Filme aller Zeiten", moderiert von Oliver Kalkofe. Sogar Arte widmet sich dem Thema ab und zu. Woran liegt das?
Das wachsende Interesse an Trash-Filmen ist dem Umstand geschuldet, dass der Mainstream im Vergleich zu Trash-Filmen langweilig erscheint. Der Spaß an Trash-Filmen ist also so etwas wie ein Langeweilevermeidungsbestreben. Das Blockbuster-Kino ist ja mittlerweile völlig berechenbar. Hollywood reproduziert sich nur noch selbst, es gibt nur noch Reboots und Remakes. Wir haben den x-ten Teil von "Fast and Furious", von "Resident Evil" oder Verfilmungen von Buchserien, die über mehrere Reihen gehen, sei es "Harry Potter" oder "The Hunger Games". Der Mainstream bietet nichts Erfrischendes mehr. Trash hingegen ist in der Lage, Interesse zu wecken und aufrechtzuerhalten. Interesse wiederum setzt voraus, dass man sich mit Dingen auseinandersetzt, auch denen, die irgendwie anders sind. Auf Trash-Filme muss man sich ja erstmal einlassen. Die halten vielleicht auch ein gewisses Risiko bereit. Man weiß halt vorher nicht, was man geboten bekommt.
Und wie erklären Sie sich, dass es hauptsächlich Männer sind, die Trash-Filme gucken?
Da muss ich spekulieren. Es gibt in der Filmwissenschaft die Position, dass der filmische Mainstream verweiblicht sei, also eher weibliche, weiche Gefühle anspreche. Das ist nicht unbedingt meine Position, wäre aber eine Erklärung. Und tatsächlich enthalten Trash-Filme ja viel Gewalt und drastische Darstellungen. Der männliche Zuschauer kann sich sozusagen selbst beweisen, seine männlichen Interessen ausleben. Außerdem nehmen Trash-Filme metaphorisch kein Blatt vor den Mund, während sich der Mainstream ganz stark an Konventionen hält. Das ist für manche Zuschauer, speziell Männer, sicher auch befreiend.
Die 70er und 80er waren die goldene Trash-Film-Epoche
Nennen Sie mir doch mal ein paar konkrete Titel. Welche Trash-Filme sind die bekanntesten, welche muss man als Liebhaber gesehen haben?
Wenn man nach unserer Befragung geht, dann haben zwei Filme einen ganz deutlichen Vorsprung: Zum einen "Sharknado", der Überraschungshit von 2013. Und zum zweiten Ed Woods "Plan 9 from Outer Space" von 1959, der gerne als der schlechteste Film aller Zeiten tituliert wird. Selbst Leute, die sonst mit Trash nichts anfangen können, werden wahrscheinlich sagen: "Ach ja, das hab’ ich schon mal gehört". Aber es sind eigentlich zwei sehr unterschiedliche Filme. "Sharknado" wollte ein Stück weit auch einen Hype abdecken und "Plan 9" war einfach unfreiwillig schlecht.
Gibt es so etwas wie eine goldene Trash-Film-Epoche?
Ja, das waren die 70er- und 80er-Jahre. Aus dieser Zeit kommen die meisten Horrorfilme und Horrorkomödien, die im Rahmen unserer Umfrage genannt wurden. Darunter sind Titel wie "Bad Taste", "Braindead", "Attack of the Killer Tomatoes" und ein italienisches "Star Wars"-Ripoff namens "Star Crash" mit David Hasselhoff. Ein unglaublich peinlicher Film. Aber all diese Filme sind in der Lage, ein bestimmtes Publikum anzusprechen. Und es gibt Klassiker des Gegenkinos wie "Pink Flamingos" oder "The Toxic Avenger". Billig gemachte, unangenehme Filme, die aber auch schon in eine avantgardistische Richtung gehen. Momentan sind Filme mit Haien sehr beliebt, neben Sharknado auch Sharktopus.
Die 11 größten Trash-Filme aller Zeiten
- Sharknado (2013)
- Plan 9 from Outer Space (dt. Titel: Plan 9 aus dem Weltall, 1959)
- The Toxic Avenger (Atomic Hero, 1984)
- Bad Taste (1987)
- Braindead (1992)
- Attack of the Killer Tomatoes! (Angriff der Killertomaten, 1978)
- Star Crash (Star Crash - Sterne im Duell, 1978)
- Pink Flamingos (1972)
- Sharktopus (2010)
- Street Trash (1987)
- Surf Nazis must die (1987)
Gibt es eigentlich auch deutsche Trash-Filme?
Man kann Helge Schneider dazu zählen oder auch "Das deutsche Kettensägenmassaker" von Christoph Schlingensief. Die meisten Trash-Filme sind aber US-amerikanische, was auch gar nicht verwunderlich ist. Trash ist auch eine Gegenreaktion auf den Mainstream, und der wird nun einmal von den Amerikanern dominiert.
Und welcher Trash-Film ist Ihr persönlicher Favorit?
Ein Film, den ich wirklich unglaublich fand, ist eine amerikanische Produktion aus dem Jahr 1972, der in Deutschland unter dem Titel "Rabbits" erschienen ist. Der ist sowas von krude. Es geht darum, dass ein Experiment von Wissenschaftlern aus dem Ruder läuft, bei dem Kaninchen mutieren und hinterher Menschen angreifen. Killerkaninchen im Hinterland also. Der Film ist schon von seiner Prämisse bescheuert, und außerdem bleiben Kaninchen nun einmal Kaninchen – also einfach süß! Aber der Film versprüht seinen Charme, das muss man schon sagen.
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