Doppelstudium
Ein Klon wäre beim Doppelstudium manchmal hilfreich | Foto: Thinkstock/Siphotography
Ein Doppelstudium ist eine große zeitliche Belastung
Georg Sauerwein wirkt an diesem Vormittag etwas mitgenommen. "Gestern war meine Geburtstagsparty", sagt er und deutet mit leicht schmerzlichem Gesichtsausdruck auf seinen Kopf. Heute Morgen hat er die Theologievorlesung um acht Uhr ausnahmsweise ausfallen lassen. Jetzt hat er ein paar Stunden Zeit, um sich zu erholen. Dienstag, das ist in diesem Semester sein freier Tag. Er nutzt ihn allerdings nur selten zum Ausspannen: "Die freie Zeit brauche ich, um die Übungsblätter aus der Physik zu bearbeiten oder Stoff von Vorlesungen nachzuholen, die ich nicht besuchen konnte."
Denn Georg Sauerwein studiert Physik im zweiten Semester des Masterstudienganges und parallel dazu katholische Theologie im fünften Fachsemester, beides an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. Zwei Vorlesungen der Theologie konnte er in diesem Semester gar nicht besuchen, weil sie sich mit Physik überschnitten haben. "Da der Stoff für den Abschluss relevant ist, besorge ich mir die Bücher und hole ihn dann selbstständig nach", erklärt er. Dass er meist die ganzen Semesterferien mit Lernen beschäftigt ist, nimmt er in Kauf. "Mich interessieren Physik und Theologie so sehr, dass ich einfach beides studieren wollte."
Der 24-Jährige ist einer von rund 1.000 Studenten an der Münchener Universität, die sich für ein Doppelstudium entschieden haben. Anders als in Hamburg oder Berlin, wo man seine Eignung mit viel Papierkram belegen muss, gibt es an bayerischen Universitäten keine speziellen Hürden bei zulassungsfreien Studiengängen. Trotzdem sollte man seine Entscheidung gut prüfen, rät Robin Eisenreich, Studienberater im Fachbereich Politikwissenschaft der LMU: "Die zeitliche Belastung ist sehr hoch, vor allem in Prüfungszeiten", warnt er. "Einen Nebenjob kann man in der Regel nicht mehr unterbringen, man sollte also finanziell gut abgesichert sein."
Sein Tipp: Wer sich für ein Doppelstudium interessiert, sollte erst nur mit einem Studienfach beginnen, um dann einzuschätzen, ob er nebenher noch Kapazitäten für ein zweites Studienfach hat.
Schleifen lassen geht nicht
Auch die Münchener Studentin Mona Bergmann hat zunächst mit einem Fach begonnen. Erst nach ihrem zweiten Bachelor-Semester in Europäischer Ethnologie hat sie sich für einen zweiten Bachelorstudiengang in Politik entschieden. "Europäische Ethnologie hat mich schon immer interessiert, aber ich habe festgestellt, dass mir der politische Aspekt total fehlt", erklärt sie. Bei zwei Bachelorstudiengängen muss sie jetzt vor allem auf gute Organisation achten: Ihre Kurse wählt sie so aus, dass sie sich einerseits zeitlich nicht überschneiden und dass andererseits am Semesterende das Verhältnis zwischen Klausuren und Hausarbeiten ausgeglichen ist. "Mehr als zwei Hausarbeiten am Stück schafft man einfach nicht."
Mit ihren beiden Studienfächern erhofft sich die 23-Jährige auch bessere Berufschancen: "Interessieren würde mich die Arbeit beim Auswärtigen Amt oder bei der Europäischen Kommission", erklärt sie. Aber das ist noch weit weg. Im August möchte sie zunächst für ein Semester zum Auslandsstudium nach Peru – und vorher muss sie das Sommersemester mit rund 24 Semesterwochenstunden und zwei Hausarbeiten über die Runden bringen. "Man darf im Doppelstudium absolut nichts schleifen lassen", weiß Mona Bergmann.
"Ich kann nicht sagen: Die Klausur hab ich nicht gut vorbereitet und schreibe sie nicht mit, oder: Den Kurs belege ich nicht, weil ich lieber Sport machen möchte. Dann wird es im nächsten Semester so stressig, dass man wahrscheinlich aufgibt." Mona Bergmann ist diszipliniert, verbringt, wenn es sein muss, Abende am Schreibtisch, anstatt sich mit Freunden zu treffen.
Und sie musste ein interessantes Praktikum in London absagen, weil es sich mit mehreren Klausuren überschnitten hat. Ganz so stressig hat sie sich ihr Studium ursprünglich nicht vorgestellt. "Am Anfang hab ich gedacht: Wenn es dir zu viel wird, hörst du auf", gibt sie zu. "Aber jetzt funktioniert es ganz gut und ich weiß: Ich zieh das durch!"
Doppelstudium kurz und kompakt
- Wie viele Studierende in Deutschland ein Doppelstudium belegen, lässt sich nicht genau sagen. Zwar gibt es Zahlen bei den statistischen Landesämtern, die Auflagen für die Erfassung von Studiengängen pro Student sind aber von Land zu Land so unterschiedlich, dass ein Vergleich nicht möglich ist.
- An der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität absolvieren von den insgesamt rund 48.000 Studenten rund 1.000 ein Doppelstudium.
- Wegen der strengen Auflagen im Hochschulgesetz gibt es in Hamburg und Berlin fast keine Doppelstudenten, in Nordrhein-Westfalen und Bayern ist ein Doppelstudium durchaus möglich. Wenn beide Studiengänge zulassungsbeschränkt sind, gibt es je nach Uni Sonderregelungen.
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