BAföG Erhöhung: Mehr Geld und mehr Geförderte seit August 2019
Studierende, die BAföG beziehen, können sich ab Herbst auf mehr Geld freuen. | Foto: andreikorzhyts/Getty Images
Weniger Geförderte seit 2012
Im Oktober 2018 kündigte die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) eine signifikante Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) an. Mittlerweile hat der Bundestag ein entsprechendes Gesetz beschlossen, das bereits am 01. August 2019, also pünktlich zum Wintersemester 2019/2020, in Kraft getreten ist. Hintergrund für die BAföG Erhöhung sind gestiegene Lebenshaltungskosten sowie die absteigende Zahl der geförderten Studierenden, die das Statistische Bundesamt seit 2012 vermerkt und die auch auch von der letzten Reform im Jahr 2016 nicht umgekehrt werden konnte.
Das Problem mit den Elternfreibeträgen
Die sinkende Zahl der Geförderten hat vor allem zwei Hintergründe: Zum einen gibt es eine Differenz zwischen der Anzahl der Studierenden, die einen BAföG-Antrag stellen können und denen, die das auch tatsächlich tun. Einerseits schrecken viele Studierende vor der komplizierten Bürokratie eines BAföG-Antrags zurück, andererseits haben viele Angst vor einer Verschuldung.
Zum anderen werden die zu niedrigen Elternfreibeträge dafür verantwortlich gemacht, dass weniger Studierende gefördert werden können. Denn je mehr die Eltern verdienen, desto weniger BAföG gibt es. Werden die Freibeträge erhöht, wird den Eltern mehr von ihrem Einkommen für sich selbst zugestanden und die Studierenden erhalten mehr BAföG. Laut Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), sind die bisherigen Freibeträge der Realität vieler Familien nicht mehr angemessen: "Die Einkommen sind stark gewachsen, ohne dass bei den Menschen mehr Netto angekommen ist."
BAföG-Reform 2019: Diese Erhöhungen gibt es
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das jetzt geändert. Zum Start des Wintersemesters 2019/2020 gibt es mehr Geld für die Geförderten und höhere Elternfreibeträge geben. Die geplanten Änderungen hat das Ministerium bereits Ende 2019 in einem Eckpunktepapier veröffentlicht. Im Mai 2019 wurde die Reform nun offiziell beschlossen. Grundlage für die Novellierung des Gesetzes bildet die Einigung von SPD und CDU im Koalitionsvertrag auf eine Anpassung an den aktuellen Bedarf.
Wir erklären dir die einzelnen Änderungen, die das BMBF vorsieht und sagen dir auch, wie viel du dir von den einzelnen Versprechungen erhoffen darfst.
Fördersätze
Der bisherige BAföG-Höchstsatz liegt bei 735 Euro. Du bekommst ihn, wenn du nicht bei deinen Eltern wohnst und selbst kranken- und pflegeversichert bist. Allerdings wird hierauf noch das Einkommen deiner Eltern angerechnet. Der Höchstsatz wird in zwei Stufen bis 2020 auf rund 861 Euro erhöht. Auch wenn du nicht den Höchstsatz bekommst, ist mehr Geld für dich drin. Die Bedarfssätze, also die Sätze, die besagen, wie viel Geld eine Person zum Leben braucht, werden um sieben Prozent angehoben, wiederum aufgeteilt auf 2019 und 2020.
Das Deutsche Studentenwerk begrüßt die Erhöhung, ist damit jedoch noch nicht zufrieden. "Wir sind skeptisch, dass die vorgeschlagene Erhöhung ausreichen wird. Zumindest für die Studierenden, die innerhalb des Elternhauses wohnen ist ja nur eine Erhöhung um fünf und dann um zwei Prozent bei den Bedarfssätzen vorgesehen. Das ist nicht viel", erklärt Meyer auf der Heyde bereits im Januar 2019. Auch der neue Höchstsatz scheint ihm nicht genug: "Der Bedarfssatz müsste auf das sächliche Existenzminimum – zuzüglich 20 Prozent für die Ausbildung – erhöht werden, also folglich 916 Euro ab 2019 und 940 Euro ab 2020 betragen."
- Es gibt mehr Geld, das ist auf jeden Fall positiv. Aber es dürfte laut DSW ruhig noch etwas mehr sein. Vielleicht hast du ja das Glück, noch Kindergeld zu bekommen, dann sind das weitere 194 Euro monatlich, die dir helfen, über die Runden zu kommen.
Freibeträge
Um wieder mehr Studierenden eine staatliche Förderung zu ermöglichen, werden die BAföG Einkommensgrenzen, bzw. die Einkommensfreibeträge der Eltern, um neun Prozent erhöht: 2019 um sieben, 2020 um weitere zwei Prozent. Auch das eigene Vermögen darf ab der zweiten Novellierungsstufe 2020 höher liegen, nämlich 8.200 Euro statt den aktuell geltenden 7.500 Euro.
Das DSW fordert eine stärkere Erhöhung der Einkommensfreibeträge. Mittelfristig sollen sie dem angemessenen Eigenbedarf von 2340 Euro angeglichen werden, der auch für Unterhaltsberechnungen gilt. Meyer auf der Heyde erklärt jedoch, dass die Bundesregierung dazu erst einmal eine empirische Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs durchführen müsste, wie sie vom Bundesverfassungsgericht für alle Sozialleistungen angeordnet ist. Die Ergebnisse wären sowohl für die Berechnung der Freibeträge, als auch der Bedarfssätze relevant. "Aber die Bundesregierung hat das bisher nicht gemacht, sie setzt die Bedarfe normativ fest, ohne den Bedarf vorher empirisch ermittelt zu haben. Und das führt natürlich dazu, dass es aus unserer Sicht nicht reicht", kritisiert Meyer auf der Heyde.
- Eine Erhöhung der Elternfreibeträge ist wichtig, damit wieder mehr Studierende BAföG beziehen können. Die Erhöhung ist aber laut DSW noch nicht hoch genug.
Wohnzuschlag
Wenn du nicht bei deinen Eltern wohnst, wird dich dieser Punkt bestimmt freuen: Das BMBF erhöht den Wohnzuschlag um 30 Prozent, also von 250 auf 325 Euro. Hintergrund dafür sind die steigenden Mietpreise, die besonders die beliebten Studentenstädte betreffen.
Achim Meyer auf der Heyde sieht diese – auf den ersten Blick sehr positive – Erhöhung kritisch. Er befürchtet, dass die überproportionale Erhöhung des Wohnzuschlags als großer Erfolg der Reform vermarktet wird und Vermieter so dazu bringen könnte, die Mieten für Studierende zu erhöhen. "Wenn man aber sieht, wie viele Studierende überhaupt BAföG beziehen – nämlich unter 20 Prozent – dann heißt das, dass über 80 Prozent der Studierenden von der Reform gar nicht profitieren, aber gleichzeitig davon betroffen sein könnten, dass die Mieten erhöht werden." Er möchte das Problem der steigenden Mieten jedoch auch nicht relativieren: "Ich sehe einen Bedarf, weil die Mieten gestiegen sind. Das heißt also, man muss es abdecken." Seiner Meinung nach wäre es jedoch sinnvoller, mehr Geld in den Bau von studentischen Wohnheimen zu investieren. Damit würde zum einen günstiger Wohnraum für Studierende zur Verfügung gestellt werden und zum anderen könne so der Wohnungsmarkt im Allgemeinen entlastet werden.
- Wenn du nicht mehr zu Hause wohnst, profitierst du von der Erhöhung des Wohnzuschlags auf jeden Fall. Auf der anderen Seite gäbe es aber vielleicht geeignetere Maßnahmen, das Problem der steigenden Mietpreise für Studierende aufzufangen.
Rückzahlung
Der letzte Punkt bezieht sich auf die Rückzahlung des BAföG. Das Verlockende an dieser Förderung ist ja, dass du nur die Hälfte des Geldes und maximal 10.000 Euro zurückzahlen musst. Bislang geschah das in monatlichen Raten von 105 Euro bzw. vierteljährlichen Raten von 315 Euro. Diese Raten werden nun erstmals nach knapp 30 Jahren erhöht. Monatlich musst du dann 130 Euro oder vierteljährlich 390 Euro zahlen. Außerdem sollen dir nach der neuen Reform die (restlichen) Schulden nach 20 Jahren erlassen werden, wenn es dir nachweislich aufgrund einer schlechten wirtschaftlichen Lage nicht möglich war, den Darlehensanteil (komplett) zurück zu zahlen.
Diese Änderung wird vom DSW positiv bewertet. "Das ist auch noch mal ein gutes Signal für alle Studierenden, die natürlich zurecht auch Verschuldungs-Ängste entwickeln.", findet Meyer auf der Heyde. Das ist auch die Absicht des BMBF hinter dieser Änderung. Studierende sollen im Studium von der Förderung profitieren, aber nicht befürchten müssen, ihr Leben lang deswegen verschuldet zu bleiben.
- Die geänderten Rückzahlungsbedingungen bedeuten zwar, dass du monatlich mehr zahlen musst, aber damit bist du auch schneller wieder schuldenfrei, was dann später eine Erleichterung für dich bedeuten könnte.
Fazit: Wie viel bringt die BAföG Erhöhung 2019?
Die Erhöhung des BAföGs in diesem Jahr lässt also auf mehr Geld hoffen und auch darauf, dass wieder mehr Studierende gefördert werden. Trotzdem sorgen einige Punkte, wie zum Beispiel die Elternfreibeträge, weiter für Kritik. Außerdem stellt das DSW in Frage, warum die Erhöhung in zwei Schritten statt direkt auf einmal passieren soll und kritisiert, dass sie bereits zum Sommersemester 2019 gebraucht worden wäre.
Achim Meyer auf der Heyde erklärt außerdem, dass das DSW sich auch dafür einsetzt, dass weitere Aspekte des BAföGs geändert werden. "Ein wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht auch, dass nur noch 63 Prozent der Studierenden überhaupt förderberechtigt sind." Die Förderbedingungen des BAföGs sind seiner Meinung nach nicht mehr an die studentische Realität angepasst: Teilzeitstudenten, Fachwechsler und Studenten, die die Regelstudienzeit überschritten haben, können keine Förderung beantragen, kommen aber im studentischen Umfeld immer häufiger vor.
Es bleibt somit abzuwarten, welche Auswirkungen die BAföG-Reform 2019 letztendlich mit sich bringt. Mehr Geld und eine bessere Chance, BAföG zu beziehen, dürfte für viele Studierende aber wohl erst einmal eine gute Nachricht sein.
[Dieser Beitrag wurde am 22.07.2019 aktualisiert. Eine erste Fassung ist am 16.01.2019 online gegangen. Das Interview mit Achim Meyer auf der Heyde wurde im Januar 2019 geführt.]
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